30 Jahre solidarische Arbeit auf Augenhöhe
Zusammenarbeit seit über 20 Jahren
Nach der turbulenten Anfangszeit von SODI, maßgeblich geprägt durch den Streit mit der Treuhandanstalt um die Spendengelder der DDR-Bürger, der letztlich zu unseren Gunsten entschieden werden konnte, wurde die Solidaritätsarbeit nicht nur fortgesetzt, sondern auch erweitert. Bereits seit 1990 engagierte sich SODI für die Betroffenen der Tschernobylkatastrophe – bis 1997 mit Sachspenden für Erholungsheime der Kinder von Tschernobyl und finanzieller Hilfe über 2 Mio. DM für Projekte in Belarus und der Ukraine. Sicher stand hier die solidarische Hilfe im Vordergrund. Aber besonders ab 1996 bis heute werden Partnerschaften in Belarus zwischen SODI und vor Ort aktiven Vereinen gestaltet. Zuerst nur mit der Gewerkschaft GAI in Mogiljow, die für Kinder eigens ein Kurzentrum baute, dann auch mit der Elterninitiative Belapdi und dem unabhängigen Institut für Strahlensicherheit BELRAD, dessen Expert*innen seit Jahren strahlenbelastete Kinder untersuchen und behandeln und deren Wissenschaftler*innen auch regelmäßig nach Deutschland reisen, um u.a. in der jährlichen Tschernobylwoche von SODI über die Risiken von Atomenergie aufzuklären. So lebt die Solidarität zwischen SODI und den belarussischen Organisationen durch die lokale Expertise vor Ort und der Unterstützung der Solidaritätsgemeinschaft aus Deutschland.
Vietnam, Laos und Mosambik sind nur einige der Länder, die in solidarischer Tradition auch weiterhin im Fokus unserer Arbeit stehen. 2009 erinnerte sich die ehemalige Programm Managerin Asien, Dr. Monika van der Meer (1990-2002), an die Anfänge: „Auf jeden Fall überwog der Wille, ungeachtet der schwierigen Verhältnisse für SODI, unmittelbar nach dem Ende der DDR sehr schnell eine völlig neue Form der solidarischen Hilfe aufzubauen – und zwar zusammen mit Partnern in diesen Ländern.“ Vietnam ist bis heute eines unserer wichtigsten Projektländer mit einer Vielzahl an Projekten, in denen benachteiligte Menschen auf ihrem Weg in ein selbstbestimmtes Leben unterstützt werden und auch ökologische Aspekte eine immer größere Rolle spielen. Mit der vietnamesischen Frauenunion verband uns ab 1991 eine der längsten Partnerschaften in Vietnam. Gemeinsam realisierten wir Projekte zur Wasserversorgung mit Brunnen, Möglichkeiten zur Einkommensverbesserung und bis 2017 Bildungsmaßnahmen für Frauen. 2003 gegründet, fanden DWC (The Center for Promoting Development of Women and Children) und SODI 2007 zusammen. Zu Anfang ging es um Rechte von Kindern, jetzt zeigt DWC Gemeinden, wie sie gemeinsam bedarfsgerechte Infrastrukturmaßnahmen mit der aktiven Teilhabe aller diskutieren und planen können. Mit CENDI (Community Entrepreneur Development Institute, 2015 gegründet) verbindet uns das Streben für eine nachhaltige Zukunft, die den Folgen des Klimawandels begegnet. Seit 2017 hat die nachhaltige Landwirtschaft durch Agroforstwirtschaft vor allem Erfolg, weil die Menschen der Provinz Quang Binh aktiv eingebunden sind und unter Berücksichtigung des lokalen Wissens der ethnischen Minderheiten über wilde essbare Pflanzen und Nutzung von Heilkräutern ihre Resistenz gegen Klimafolgen gestärkt wird.
"Für mich bedeutet Solidarität zusammen zu handeln, um die Natur aufblühen zu lassen." (Nguyen Minh Phuong, Direktorin von CENDI)
Weltweite Herausforderungen wie der Klimawandel sind in den letzten Jahren immer dringlicher geworden. Besonders hier gilt es Solidarität zwischen den heute schon betroffenen Ländern im Globalen Süden wie Mosambik und Akteuren in Deutschland herzustellen. Mit der Städtepartnerschaft zwischen Berlin-Lichtenberg und Maputo- KaMubukwana wurden die Brücken zwischen diesem südostafrikanischen Land und Deutschland bereits 1995 geschlagen. Seit 2015 kräftigt SODI diesen Zusammenhalt als beratende Organisation besonders im Bereich Umweltbildung. So gehen die beiden Stadtbezirke die Herausforderungen des Klimawandels mit gemeinsamen Umweltprojekten an und tauschen ihr Wissen aus. Aber nicht nur auf Expert*innenebene, sondern auch zwischenmenschlich förderte die Städtepartnerschaft über die Jahre den Austausch durch z.B. Schulpartnerschaften, in denen Briefwechsel der Schüler*innen einen Blick aus einer jeweils anderen Perspektive erfahrbar machten. Gleichzeitig kann Lichtenberg viel von dem Aktivismus der Schüler*innen in KaMubukwana lernen. Regelmäßige Reinigungsaktionen der Jugendlichen in ihrem Stadtbezirk, der Fertigung von z.B. Papier für den Kunstunterricht aus Recyclingmaterialien oder auch die Schulgärten, die etwas zur Ernährung der Schüler*innen beitragen, sind nur einige der vielen Aktivitäten.
"Für mich bedeutet Solidarität der Zusammenhalt für ein gemeinsames Ziel – ein glückliches Leben in Frieden für alle Menschen. Solidarität heißt auch, aneinander zu denken und die Kraft von Benachteiligten zusammenzubringen, ihre Menschenrechte zu schützen und ihre Fähigkeiten zu mobilisieren, damit sie auf ihren eigenen Beinen stehen können."(Bui Thi Kim, Direktorin von DWC)
Augenhöhe und der antikoloniale Kampf
Oft wird Augenhöhe in der Entwicklungszusammenarbeit auch kritisch beleuchtet, da gewachsene Machtstrukturen ein Ungleichgewicht auf der Welt verursacht haben, dem auch wir uns nicht vollständig entziehen können. „Es könnte also eher darum gehen, die Gemeinsamkeiten von Kämpfen anzuerkennen – ohne die unterschiedlichen gesellschaftlichen Machtpositionen und damit Handlungsmöglichkeiten aus dem Blick zu verlieren“, sagt der Verein glokal e.V. Blicken wir auf unsere Arbeit in den letzten 30 Jahren zurück, waren und sind wir stets bestrebt, die Zusammenarbeit mit NROs des Globalen Südens partnerschaftlich umzusetzen, globale Ungleichheiten aufzudecken sowie einen Beitrag zu deren Überwindung zu leisten. Denn damals wie heute gilt – Selbsthilfe fördern, lokales Wissen berücksichtigen und gemeinsam globale Fragen lokal angehen. Dies bedeutet für uns auch
einen Perspektivwechsel in der Entwicklungszusammenarbeit mit anzustoßen. „SODI gehörte auch zu den Organisationen, die sich im Jahre 1996 zu einer Arbeitsgemeinschaft zusammenschlossen und den Berliner Entwicklungspolitischen Ratschlag (BER) aus der Taufe hoben. Gemeinsam haben wir 2004, zum 100-jährigen Gedenken an den Herero-Aufstand in Namibia, eine große Konferenz in Potsdam veranstaltet“, erinnert sich Alexander Schudy, Geschäftsführer des BER. Bereits früh engagierte sich SODI in Deutschland, u.a. seit 1993 im erfolgreichen Kampf für das internationale Verbot von Landminen, 2001 mit der Beteiligung an der Gründung des Entschuldungsbündnisses erlassjahr.de und im Kampf gegen Rassismus. Ab 2009 verstärkte SODI seine Aktivitäten in Deutschland mit dem neuen Bildungsbereich auf Grundlage des Globalen Lernens. Deutschland ist ein Entwicklungsland! Der Globale Norden muss globale Ungerechtigkeiten als postkolonial thematisieren und anerkennen. Er muss die vielfältigen Perspektiven wertschätzen und die aktive politische Teilhabe der Menschen fördern sowie den eigenen maßlosen Ressourcenverbrauch begrenzen und Entwicklungsbedürfnisse der
Länder des Globalen Südens anerkennen. Denn wollen wir eine Welt auf Augenhöhe erreichen, müssen wir uns an die eigene Nase fassen. Bei Workshops und auf Veranstaltungen diskutieren wir seitdem vor allem mit jungen Menschen überpostkoloniale Strukturen und globale Machtverhältnisse in und zwischen Staaten. 2010 startete dann das Filmkollektiv Draufsicht seine Arbeit zu entwicklungspolitischen Themen, aber auch zu Rassismus, Sexismus und Armut. Es blickt über den Tellerrand und lässt vor allem Stimmen aus Perspektiven zu Wort
kommen, die unsere europäische Sicht auf den Kopf stellen, und versucht lokale Antworten auf globale Fragen zu bekommen. Seit 2017 kamen mit Draufsicht Global und dem neuen Team in Bamenda (Kamerun) wertvolle neue Themen und Sichtweisen hinzu. Wir müssen voneinander lernen, um globale Herausforderungen gemeinsam zu bewältigen. Solidarität auf Augenhöhe ist für SODI keine leere Phrase, sondern ein Leitbild, dem wir uns annähern wollen, um globalen Ungerechtigkeiten entgegenzutreten und für eine friedliche und gerechte Welt einzutreten. Begleiten Sie uns weiterhin auf diesem Weg!
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