Gesunde Ernährung für alle!
20 Jahre lang ist die Zahl der Hungernden weltweit gesunken, doch seit einiger Zeit steigt sie wieder an. Das ganze Ausmaß der Dreifachkrise aus Klimawandel, Corona-Pandemie und den Auswirkungen des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine ist noch nicht abzusehen. Klar ist bereits: Die Weltgemeinschaft ist dramatisch vom Kurs abgekommen, um die Vision Wirklichkeit werden zu lassen, bis 2030 eine Welt ohne Hunger zu erreichen sowie eine gesunde und nachhaltige Ernährung zu sichern. Hier stellen wir Ihnen zwei Projekte vor, in denen SODI einen Beitrag gegen Hunger und Mangelernährung leistet.
Indien: Gesunde Ernährung für Adivasi-Familien
Die Ungleichheit in Indien ist groß: Trotz starken Wirtschaftswachstums sind noch immer 14 Prozent der Bevölkerung unterernährt. In den abgelegenen indigenen Dorfgemeinschaften im südindischen Bergdistrikt Nilgiri ist der Hunger noch größer. 60 % der Adivasi leiden an Mangel- und Unterernährung. Die strukturelle Diskriminierung der Minderheiten zeigt sich in mangelhafter Infrastruktur in ihren Gemeinden, den kleinen Anbauflächen und dem durchschnittlichen Einkommen, das mit 1,20 € am Tag unterhalb der Armutsgrenze liegt. In den Familien ist es üblich, dass die Männer zuerst essen. Für die Frauen und Kinder
bleiben dann meist nur ein bisschen Reis und etwas Gemüse übrig. Unter ihnen ist die Unterernährungsrate mit 70 % noch höher. Die Kinder der Adivasi-Familien weisen eine hohe Kindersterblichkeit auf, viele haben ein zu niedriges Gewicht für ihre Größe.
Das Projekt von SODI und dem Centre for Tribal Rural Development (CTRD) unterstützt die Adivasi-Gemeinschaften darin, aus knappen Ressourcen ausgewogene und gesunde Mahlzeiten zu gewinnen. Bereits 480 Adivasi-Familien bauen auf den kleinen Landflächen um ihre Häuser herum bis zu 18 verschiedene Obst-, Gemüse und Kräutersorten an. Spenden haben die Ausstattung der Familien mit Saatgut und Gartengeräten ermöglicht. Die Familien werden in Schulungen darin unterstützt, den Anbau so vielfältig zu gestalten, dass er eine gesunde Basis für ihre Ernährung ist und das ganze Jahr über geerntet werden kann. Bei Dürren und zu starkem Monsun verlieren die Familien so nur einen Teil der Ernte. Die Adivasi lernen in den Schulungen, wie sie ökologisch nachhaltige Düngemittel und Pestizide aus lokalen Materialien herstellen können. Ergänzt wird das Gemüse aus den Hausgärten mit tierischen Proteinen aus der Haltung einer Ziege oder einer Kuh. Wie die Tiere versorgt werden müssen, haben bereits 1310 Dorfbewohner*innen aus 555 Familien erlernt.
Seit diesem Jahr ergänzt Honig die tägliche Ernährung von 245 Familien, die Bienenkästen mit Bienen über das Projekt erhalten haben. Für eine sichere Honigernte lernen die Adivasi-Familien verschiedene Arten von Honigbienen und Bestäubungsverfahren kennen. Auch die Wartung der Bienenkästen führen die Familien selbst durch. Der Honig wird derzeit vor allem als Nahrungsmittel direkt konsumiert. Die Dorfbewohner*innen arbeiten aber bereits daran, eine Kooperative aufzubauen, mit der die Familien ihren Honig gemeinsam verkaufen und so zusätzliche Einkünfte erzielen können.
Namibia:Praktische Umweltbildung für sichere Ernährung
„Manchmal bin ich richtig stolz, wenn ich in einem abgelegenen Dorf im Norden oder im Süden von Namibia bin. Dort treffe ich Kinder, die zum ersten Mal ein Mikroskop sehen. Ich sehe die Begeisterung in ihren Augen. Bis dahin kannten sie Mikroskope nur aus Büchern. Bei Kindern und Jugendlichen Umweltbewusstsein zu schaffen ist eines unserer Hauptziele“, erzählt Benson Muramba von Edu-Ventures. Das „EduMobil“, ein mobiler Experimentier-und Lernraum auf vier Rädern, das bereits im Vorgängerprojekt zum Einsatz kam, erreicht auch abgelegene Regionen Namibias. Aufgrund der hohen Sonneneinstrahlung in Namibia verdunsten bis zu 83 % der Niederschläge sofort. Daher gilt Namibia als das trockenste Land südlich der Sahara. In einigen Landstrichen ist der Kipppunkt erreicht: Wegen der immer länger anhaltenden Trockenperioden reicht das Wasser für Vieh, Pflanzen und Menschen nicht mehr aus. Die Bevölkerung musste aus diesen Regionen wegziehen. Die Übernutzung der sich verknappenden Landressourcen schadet
Mensch und Natur. Die Existenzgrundlage von über 70 % der Bevölkerung ist gefährdet. Immer mehr Menschen haben in dem Land mit extrem ungleicher Vermögensverteilung keinen oder nur einen eingeschränkten Zugang zu gesunder Nahrung. Um die Ernährungslage in Namibia zu sichern, braucht es Wissen über die komplexen Problemzusammenhänge und über Lösungsansätze, wie den agrarökologischen Anbau, der nachhaltig die Biodiversität und Resilienz der Nahrungssysteme stärkt.
„Viele Kinder und Jugendliche wissen nicht, dass es diese Umweltprobleme gibt, ähnlich ist es mit den Folgen des Klimawandels. Wir legen großen Wert auf das, was wir ,hands on‘ nennen, verbinden den Unterricht also mit praktischen Aktivitäten. Wenn es um die Lektion zur biologischen Vielfalt geht, finden wir mit den Teilnehmer*innen heraus, welche Arten von Vögeln es in ihrer Region gibt “, erklärt Muramba.
Verstehen – diskutieren – aktiv werden
Das gemeinsame Projekt von EduVentures, dem Namibia Institute for Democracy (NID) und SODI setzt auf vielfältige Aufklärungsimpulse: Podcasts, Lehrmaterialien für den Unterricht, Fortbildungen von Lehrer*innen in den Umweltbildungszentren in Namibia und Experimente im EduMobil. So kämpfen in Comic-Episoden die Superheldenfigur „Edu“ und ihre Gefährten, den „Savannah Rangers“, gegen „Captain Corruption“ für ein nachhaltiges, demokratisches und gesundes Namibia. In den einzelnen Episoden lösen die „Rangers“ alltägliche Probleme in ihren Dörfern und inspirieren so die Kinder und Jugendlichen dazu, selbst aktiv zu werden.
Gemeindegärten bieten Perspektiven
In angeleiteten Gemeinde- und Schulgärten wenden die Kinder und Jugendlichen ihr erworbenes Wissen an und erlernen die Prinzipien des umweltschonenden landwirtschaftlichen Anbaus ganz konkret. Unterstützt wird der praktische Unterricht durch Jugendliche, die nach ihrem Schulabschluss im Rahmen des Projekts in agrarökologischem Anbau ausgebildet werden. Die erwerbslosen Jugendlichen erhalten so eine
Perspektive, um aus einer schwierigen Situation herauszukommen: Die Jugendarbeitslosigkeit in Namibia lag bereits vor der Covid-19-Pandemie bei 48 % und der Großteil der Bevölkerung arbeitet in informellen Arbeitsverhältnissen. Die Erträge der Demonstrationsflächen gehen anteilig an die beteiligten Schulen und an die darin arbeitenden Jugendlichen. Die Gärten sensibilisieren dadurch nicht nur für die Notwendigkeit
von gesunder und nachhaltig produzierter Nahrung, sondern helfen ganz direkt die hungrigen Mägen der Schüler* innen zu füllen.