Brunnen in Pro Phnom
SODI und die kambodschanischen Frauen für Frieden und Entwicklung setzen den Bau von Brunnen in Dörfern Kambodschas sowie Hygienekurse und die Verbesserung der sanitären Verhältnisse fort. In der Gemeinde Pro Phnom entstehen 23 Brunnen und 21 Musterlatrinen.
Son ist die älteste von drei Töchtern ihrer Familie. Seit Jahren gehört es zu ihren Pflichten, Wasser für den Haushalt heranzuschaffen. Sie schöpft es mit einem 20-Liter-Kanister aus einem schmutzigen Teich vor dem Gemeindebüro. Dreimal täglich muss sie ihn füllen, dreimal täglich den zwei Kilometer langen Weg von zu Hause bis zur einzigen Wasserquelle weit und breit zurücklegen. Erst seit einiger Zeit hat sie ein Fahrrad für den Transport des schweren Kanisters. Sauberes Wasser aus einem nahgelegenen Brunnen ist der größte Wunsch der Familie und vieler anderer in Pro Phnom. Der blaue „Kummerkasten“ der Gemeinde ist gefüllt mit diesen Wünschen der Einwohner. Das Projekt trägt mit dem Bau von 23 Brunnen und 21 Mustertoiletten sowie mit 48 Hygienekurse in neun Dörfern der Gemeinde dazu bei, die Versorgung mit sauberem Wasser und die sanitären Bedingungen zu verbessern. Die Dorfbevölkerung hat die Hoffnung, dass der Bau weiterer Brunnen folgt.
Vorgeschichte – Erfolge in der Wasserversorgung
Seit Mitte der 90er Jahre konzentrieren SODI und die Kambodschanischen Frauen für Frieden und Entwicklung (CWPD) ihre Zusammenarbeit auf ländliche Entwicklungsprojekte mit den Schwerpunkten: Zugang zu Wasser, Hygiene und sanitäre Grundversorgung sowie Grundschulbildung.
In der Provinz Svay Rieng
1994 bis 2001 wurden Trinkwasserprojekte in zwei Kreisen der Provinz Svay Rieng, die von der Stiftung Nord-Süd-Brücken unterstützt wurden, durchgeführt. Diese Erfahrungen sind in ein vierjähriges ländliches Entwicklungsprogramm eingeflossen (2004 bis 2007), das vom BMZ gefördert wurde. Es verband die Verbesserung der Wasserversorgung mit Hygienekursen und dem Bau von Musterlatrinen. Zudem entstand eine Grundschule. SODI und CWPD beendeten das Programm 2008, da der Bedarf hinsichtlich des Zugangs zu Wasser und zu sanitärer Grundversorgung dort nun im Wesentlichen gedeckt ist. Weitere Verbesserungen kann die Bevölkerung aus eigener Kraft durchführen.
In der Provinz Kampot
Die Erfahrungen aus Svay Rieng werden seit 2005 erfolgreich in der Provinz Kampot angewandt. CWPD-Mitglieder und Gemeinderäte aus beiden Provinzen tauschten sich zu Fragen der Projektdurchführung und der Einbeziehung der Dorfbevölkerung aus. In drei Projekten entstanden im Kreis Angkor Chey in den Gemeinden Tani und Angkor Chey bisher insgesamt zwei Schulgebäude und 168 Brunnen. 16 Brunnen wurden repariert. 105 Hygienekurse verbunden mit dem Bau von 31 Musterlatrinen wurden bis 2009 durchgeführt.
- 2006: Hygienekurse und neue Brunnen in Tani (gefördert von der Stiftung Nord-Süd-Brücken)
- 2006: Eine Grundschule und Brunnen für Tani (gefördert vom BMZ)
- 2007 bis 2009: Brunnen und Hygienekurse in Tani und Angkor Chey (gefördert vom BMZ)
Der Bedarf an Brunnen konnte in diesen beiden Gemeinden im Wesentlichen gedeckt werden. Eine Beratung von CWPD und SODI mit Verantwortlichen aus Angkor Chey, Tani und Pro Phnom ergab, dass sich die Anstrengungen nun auf Pro Phnom konzentrieren sollen, weil hier die Situation hinsichtlich des Zugangs zu sauberem Wasser besonders unbefriedigend ist.
Zugang zu Wasser ist ein Menschenrecht!
Kambodscha gehört zu den ärmsten Ländern der Welt. Über zwei Drittel der Menschen leben in Armut. Zu den Schlüsselproblemen bei der Überwindung der Armut gehören der Zugang zu sauberem Wasser und sanitärer Grundversorgung. Das Programm der kambodschanischen Regierung „Trinkwasser und sanitäre Grundversorgung auf dem Lande“ gibt als Ziel vor, dass bis 2025 alle Bewohner des ländlichen Raums über sauberes Wasser und hygienische sanitäre Verhältnisse verfügen sollen.
Das kambodschanische Millenniumsprogramm sieht vor, den Anteil des Zugangs der Landbevölkerung zu sauberem Wasser von 24% (1998) auf 50% in 2015 zu erhöhen. Auch der Anteil, der Menschen, die Zugang zu Toiletten haben, soll von 8,6% (1996) auf 30% in 2015 erhöht werden. Die Förderung von Hygienebewusstsein und die Einbeziehung der Gemeinden in die Verwirklichung entsprechender Vorhaben sind Grundvoraussetzungen für deren Erfolg.
Die Situation in 2004 und die Zielsetzung in der Provinz Kampot wird aus der folgenden Tabelle ersichtlich:
| 2004 | 2015 |
Einwohnerzahl | 559.170 | 681.150 (geschätzt) |
Zugang zu Wasser | 137.000 (25%) | 272.460 (40%) |
Sanitäre Grundversorgung | 36.350 (7%) | 204.340 (30%) |
Ausgangslage in Pro Phnom
Pro Phnom ist eine von elf Gemeinden im Kreis Angkor Chey, Provinz Kampot, im Süden Kambodschas.
Die Gemeinde besteht aus neun Dörfern, in denen knapp 6.000 Menschen wohnen. Fast alle der 1.134 Familien leben von kleinbäuerlicher Subsistenzwirtschaft. Für die ärmsten Bauernfamilien (ungefähr 10 % der Bevölkerung) reicht der Reisvorrat nur fünf bis sechs Monate, für die Hälfte der als arm eingestufte Familien sechs bis zehn Monate. Der Rest kann sich das ganze Jahr mit der eigenen Ernte ernähren. Alle sind auf zusätzliche Erwerbsmöglichkeiten als Saisonarbeiter in den Städten im Bau- und Transportgewerbe sowie in Textilbetrieben angewiesen.
An die Senhan Berge angrenzend und am westlichen Rand des Mekong-Beckens gelegen, leiden Pro Phnom und das Umland an Wassermangel. Der Bodenuntergrund ist felsig, so dass für die Frischwasserversorgung in der Regel nur die relativ teuren gebohrten Pumpenbrunnen in Frage kommen, welche die Familien nicht aus eigener Kraft finanzieren können.
Bisher gibt es in der Gemeinde nur 40 Pumpenbrunnen, von denen zehn kein Wasser führen. Viele Familien versorgen sich mit dem schmutzigen Wasser aus Teichen, die auch als Viehtränken genutzt werden. Die Entfernung zwischen diesen Teichen und den Häusern der Familien kann bis zu zwei Kilometer lang sein. In der Trockenzeit von Februar bis Mai trocknen die Teiche fast vollständig aus, und das Wasser muss über noch längere Strecken transportiert werden.
Diese Situation belastet insbesondere Frauen und Mädchen, die traditionell mit dem Heranschaffen von Wasser befasst sind. Der Konsum des Wassers aus den Teichen verursacht Krankheiten insbesondere des Magen-Darm-Trakts. Davon am stärksten betroffen sind die Kinder. Die notwendigen Medikamente belasten das ohnehin schmale Familienbudget zusätzlich.
Die Hauptsorge der Menschen gilt dem Problem, wie die tägliche Ernährung gesichert werden kann. Die Not hat das Hygienebewusstsein fast völlig verdrängt. Toiletten oder Latrinen gibt es kaum. Mit der Abholzung weiterer Flächen steht den Menschen auch der Wald nicht mehr zur Verfügung. Exkremente verschmutzen die Umwelt sowie das Oberflächenwasser und verursachen Krankheiten bzw. deren Übertragung. Immer wieder kommt es zu Typhusausbrüchen. Es fehlt den Menschen an Wissen, wie Krankheiten vorgebeugt werden kann - durch Beachtung hygienischer Grundregeln und die Errichtung einfacher, kostengünstiger sanitärer Anlagen.
Maßnahmen des Projekts
Sauberes Wasser aus 23 neuen Brunnen
Es wird davon ausgegangen, dass für eine Deckung von 90 % des Bedarfs an Brunnen in der Gemeinde insgesamt 82 neue Brunnenanlagen notwendig sind. Die restlichen 10 % können durch besser verdienende Familien aus eigener Kraft gebaut werden. Die in diesem Projekt geplanten 23 Brunnen sind ein erster Schritt, das Recht aller Einwohner von Pro Phnom auf Zugang zu sauberem Wasser zu verwirklichen.
Die Brunnen werden auf den Grundstücken von 23 Familien gebaut, die damit in das Eigentum dieser Familien übergehen. Vereinbarungen mit der Gemeinde und der CWPD verpflichten die Brunnenbesitzer aber, benachbarten Familien jederzeit kostenlos Zugang zu der Brunnen zu gewähren. Für die Wartung der Anlagen sind alle verantwortlich.
Die Familien werden von der Gemeinde und CWPD nach ihrer Bedürftigkeit ausgewählt. Familien mit Kindern, Witwen und Invaliden werden bevorzugt. Die Anzahl der Mitnutzer hängt von der Siedlungsdichte um den Brunnenstandort ab.
Die künftigen Brunnenbesitzer und -nutzer tragen mit gemeinsamen Arbeitsleistungen zum Bau der Brunnen bei. Das stärkt den Zusammenhalt der Menschen und das gemeinsame Verantwortungsbewusstsein für die neuen Brunnen. Eine Unterweisung in die Wartung der Anlagen hilft ihnen, sich in Zukunft bei kleineren Reparaturen selbst zu helfen.
48 Hygienekurse und 21 Musterlatrinen
Zunächst werden drei Menschen aus Pro Phnom als Trainer geschult, die anschließend ihr Wissen an die Dorfbevölkerung weitergeben können. Die Trainer werden nach folgenden Kriterien ausgewählt: Sie leisten in der Gemeinde oder in der CWPD aktive Arbeit, haben Talent zum Organisieren und Koordinieren und werden in der Gemeinde geachtet. Sie müssen lesen und schreiben können.
An den Hygienekursen in den Dörfern nimmt jeweils ein Vertreter der 1.134 Bauernfamilien teil, die in der Gemeinde Pro Phnom leben. Erfahrungsgemäß überwiegen hierbei die Frauen, aber auch Männer nehmen an den Kursen teil. Sie lernen gemeinsam, wie durch Hygiene und die Verbesserung der sanitären Verhältnisse Krankheiten vorgebeugt werden können. Auch HIV/AIDS, Vogelgrippe und Dengue-Fieber sind Themen.
21 Musterlatrinen dienen der Anschauung und sollen zum Nachbauen anregen. Sie werden in der Regel bei den Familien gebaut, die ihre Häuser für die Hygienekurse zur Verfügung stellen und die bereit sind, beim Bau der Latrinen mitzuhelfen. Dabei handelt es sich um Familien, die in der Bevölkerung geachtet sind. Sie verpflichten sich auch dazu, die Latrinen sauber zuhalten, zu warten und Interessenten die Konstruktion zu erklären. Damit werden sie selbst zu Multiplikatoren für die Verbesserung der sanitären Grundversorgung in der Gemeinde.
Unsere Erfahrungen zeigen, dass die Hälfte der Kursteilnehmer das Wissen sehr gut aufnehmen und in der Praxis anwenden. Mit einigen Abstrichen wird dies auch bei einem weiteren Drittel der Teilnehmer der Fall sein. Erfahrungsgemäß werden ca. 5% der Kursteilnehmer innerhalb von 12 Monaten aus eigener Kraft eine Latrine noch dem vorgestellten UNICEF-Muster nachbauen.