Familien vereint gegen Armut und Klimawandel
In Westbengalen unterstützen DRCSC und SODI Familien dabei, sich mit Hausgärten und Kleinvieh weitgehend selbst zu versorgen und ihre Lebensbedingungen trotz Armut und den Auswirkungen des Klimawandels zu verbessern.
Ausgangssituation
Im Kashipur-Block im indischen Westbengalen kämpfen viele Familien mit Armut. Etwa 35% der Bevölkerung lebt unterhalb der Armutsgrenze, und der Anteil unter der ländlichen Bevölkerung wird noch höher geschätzt. Viele Familien haben keine gesicherte Ernährungsrundlage. Der eigene Anbau und die Viehzucht reichen für viele nicht mehr aus, um sich zu ernähren. Der Klimawandel macht sich bemerkbar: Schon jetzt verzeichnen die Kleinbäuer*innen einen Rückgang ihrer Ernten aufgrund unregelmäßiger Niederschläge und verstärkter Trockenheit zwischen den Regenzeiten. Viele Familien haben Angst, ihre Schweine oder Schafe an eine der grassierenden Viehkrankheiten zu verlieren.
Die Maßnahmen des Projekts sind darauf ausgerichtet, dass die Herausforderungen von den Projektdörfern gemeinschaftlich bewältigt werden. So arbeiten beispielsweise alle Kleinbäuer*innen gemeinsam am Bau von Bewässerungsgräben mit, und die Maßnahmen zielen darauf ab, dass alle davon profitieren und der soziale Zusammenhalt gestärkt wird.
Maßnahmen
Gemeinsam unterstützen das Development Research Communication and Services Centre (DRCSC) und SODI 400 marginalisierte kleinbäuerliche Haushalte in den Projektdörfer Somaidi, Gamarkuri, Bhuinyadi, Majura, Gopalpur, Shyampur, Simla und Damankiyari im Distrikt Purulia. Die Familien wurden ausgewählt, weil sie von Armut stark betroffen sind, über kein geregeltes Einkommen verfügen und ihre Ernährungssituation unsicher ist.
biologische Vielfalt bewahren & Bodenerosion vermindern
Eine Herausforderung für die Kleinbäuerinnen und Kleinbauern sind die roten und lateritischen Böden, die in der Region vorherrschen und Wasser nur schlecht speichern können. Jenseits der Regenzeiten trocknen die Böden schnell aus. Dennoch dominiert der monokulturelle Reisanbau, der stark von Regenfällen abhängig ist, das Anbaubild. Dies hat gravierende Folgen, da der monokulturelle Anbau die biologische Vielfalt gefährdet und die Bodenerosion verstärkt.
Um die ohnehin geringe Fruchtbarkeit der roten und lateritischen Böden zu erhalten, ist es dringend erforderlich, die Bodenerosion zu reduzieren. In Schulungen lernen die Dorfbewohnerinnen und Dorfbewohner ökologische Methoden kennen und anzuwenden, die ihnen dabei helfen, die Auswirkungen des Klimawandels abzumildern. Zum Beispiel kann der Anbau von trockenheitsresistenten Hülsenfrüchten dazu beitragen, die Restfeuchtigkeit im Boden zu speichern und Erosion zu verhindern.
Fruchtbare Zeiten durch Wasserspeicherung verlängern
Mehrstufige Gräben mit einem unterirdischen Abfluss in ein Sammelbecken verbessern die Wassersituation der Bäuer*innen. Mit dem aufgefangenen Wasser der ersten Monsunregen kann in den Monaten nach dem Monsun eine beinahe reife Reisernte gerettet werden oder für den zusätzlichen Anbau wasserarmer Pflanzen wie Senf oder Leinsamen verwendet werden. Um sicherzustellen, dass alle davon profitieren, haben mindestens 4-5 benachbarte Kleinbäuerinnen und Kleinbauern das Recht, das im Graben gespeicherte Wasser zu nutzen. Dieses Nutzungsrecht wird in einer schriftlichen Vereinbarung festgehalten. Insgesamt unterstützt das Projekt den Bau von 22 Gräben und den dazugehörigen Sammelbecken.
Starthilfe für die Gärten rund ums eigene Zuhause
Saatgut und Setzlinge widerstandsfähiger Sorten, organischer Dünger, biologische Schädlingsbekämpfungsmittel wie Neem-Öl und Behälter für Gülle und einiges mehr: die Liste der Dinge, die die Familie für den erfolgreichen Start der Hausgärten von den Mitarbeiter*innen von DRCSC in Empfang nehmen, ist lang. In insgesamt 25 zweitägigen Schulungen zu verschiedenen Aspekten des Nutzgartens lernen die teilnehmenden Haushalte, wie sie sich 9-10 Monate mit nahrhaftem Obst und Gemüse aus ihrem Hausgarten ernähren können.
Durga Moni Majhi aus Gamarkuri hat in den Schulungen von DRCSC viel gelernt:"Ich kannte so viele Techniken und Bewässerungsmethoden nicht. Jetzt pflanze ich etwa sechs bis sieben Gemüsesorten pro Sison an. Darüber bin ich sehr glücklich. Während der letzten Erntesaison musste ich kein Gemüse auf dem Markt kaufen. Außerdem habe ich in den letzten zwei Monaten überschüssiges Gemüse im Wert von 400 bis 500 Rupien (ca. 4-5 €) verkauft."
Genauer hingeschaut: Das "System of Rice Intensification"
Die Kleinbäuer*innen erlernen in den landwirtschaftlichen Schulungen zusätzlich das „System of Rice Intensification“, dass sie auch in ihren Hausgärten anwenden können. Dabei handelt es sich um eine etablierte agrarökologische Methode kennen, die darauf abzielt, die Erträge des Reisanbaus zu steigern, die Umweltauswirkungen zu minimieren und dazu beiträgt den Bedarf an lokalen Nahrungsmitteln in Gegenden mit begrenzten Ressourcen zu decken. Konkret bedeutet das bspw, dass die noch sehr jungen Reispflanzen umgesetzt werden, sodass sie im optimalen Abstand zueinander wachsen und, dass die Reisfelder nicht überschwemmt werden, sondern in Intervallen bewässert.
Viehbestand nachhaltig aufstocken
Viele Bewohner*innen des Projektgebiets betreiben die Viehzucht in freier Weidehaltung. Doch der Klimawandel setzt auch den Pflanzen auf den Brachflächen, auf denen das Vieh weiden soll, zu. So finden viele Tiere nur noch wenig Futter. Durch das Fehlen von regelmäßigen Futterquellen, Impfungen und weiteren notwendigen Schutzmaßnahmen, erleiden die viehzüchtenden Familien regelmäßige Verluste in ihrem Bestand. Die Mitarbeiter*innen von DRCSC ermitteln gemäß des Bedarfs, welche Haushalte mit Kleinvieh, wie bspw. 1-2 Ziegen oder Schweinen unterstützt werden und sichern auch deren Schutzimpfungen und organisieren mit den Bäuer*innen Schutzmaßnahmen, wie bspw. mögliche Futterquellen.
In der Gruppe Wissen teilen, sowie sparen und investieren
Die von Armut betroffenen Frauen in den acht Dörfern des Projekts werden dabei unterstützt sich in Selbsthilfegruppen zusammenzuschließen. Diese Gruppen, auch als „Mutual Cooperation Groups“ (MCGs) bezeichnet, sind in Indien institutionell verankert. Dennoch sind derzeit mehr als 90 % der Frauen nicht in einer solchen gemeindebasierten Gruppe aktiv. Die Frauen in den Gruppen sparen gemeinsam. Aus den Ersparnissen vergibt die Gruppe Kredite an einzelne Mitglieder der Gruppe und schafft so die Möglichkeiten davon z.B. zusätzliches Vieh oder Werkzeug zu kaufen.
Ein wichtiger Aspekt des regelmäßigen Austauschs der Frauen untereinander ist das Teilen von Wissen um staatliche Sozialleistungen wie bspw. Witwenrenten und wie diese beantragt werden können.
Partnerorganisation: Development Research Communication and Services Centre (DRCSC)
Das Development Research Communication and Services Centre (DRCSC) ist eine 1982 in Kolkata gegründete gemeinnützige Organisation. Sie unterstützt marginalisierte kleinbäuerliche Familien darin, sich an die sich verändernden klimatischen Bedingungen anzupasssen, sowie weitere Einkommensquellen zu erschließen. Dabei dokumentiert DRCSC indigenes Wissen und dessen Anwendungsmöglichkeiten. Die Hauptzielgruppe sind von Armut betroffene Familien in den ländlichen Gebieten Westbengalens und in den städtischen Gebieten von Kolkata.