Ernährung von unten - lokal, gerecht und krisenfest
Kleinbäuer*innen in Südafrika setzen sich für ein gerechtes Ernährungssystem ein. Die Graswurzelinitiative SPP und SODI unterstützen sie dabei, ihre Landrechte durchzusetzen und mit agrarökologischen Methoden der Trockenheit zu trotzen.
Ausgangssituation
Mehr als jede*r Vierte in den Regionen West- und Nordkap ist von Ernährungsunsicherheit betroffen. Das bedeutet, dass diese Menschen keinen ausreichenden Zugang zu sicheren und nahrhaften Lebensmitteln haben.
In Südafrika, einem Land mit bedeutender Lebensmittelproduktion, liegt die Ursache dieser Krise in einem ungerechten Ernährungssystem, das sich in den Händen einiger weniger befindet und viele von Armut Betroffene durch hohe Preise ausschließt. Eine der Hauptursachen des ungerechten Ernährungssystems liegt in der ungleichen Landverteilung. „Die Landrechtsproblematik in Südafrika ist nach wie vor eng mit dem historischen Erbe der Landenteignungen verbunden. Zwar hat die demokratisch gewählte Regierung Gesetze zur Wiedergutmachung von Enteignungen erlassen, doch die Landreform kommt nur langsam voran. Bis 2017 wurden weniger als 10 % der landwirtschaftlichen Flächen an schwarze Südafrikaner*innen übertragen“, erklärt unsere langjährige Partnerorganisation Surplus People Project. Hinzu kommen Trockenheit und Hitzewellen. Anfang 2020 führten Dürrekrisen zu einer Erklärung des Katastrophenzustands im Westkap. Das erhöht den Druck auf das Land.
Die Graswurzelorganisation SPP setzt sich „für das Recht der Menschen ein, Nahrungsmittel auf politisch, wirtschaftlich, sozial und ökologisch nachhaltige Weise zu produzieren. Mit dem Ziel Gemeinschaften zu befähigen, die Kontrolle über ihre Lebensmittelsysteme durch lokale agrarökologische Produktion zu erlangen, die es den Menschen ermöglicht, gesunde Lebensmittel zu konsumieren und gleichzeitig zur lokalen Wirtschaft beizutragen.“ Konkret unterstützen SPP und SODI 3.000 Menschen in den Regionen West- und Nordkap mit agrarökologischen Prinzipien nachhaltig Land zu bewirtschaften und der Trockenheit mit Bewässerungssystemen und gutem Bodenmanagement zu trotzen. Gleichzeitig unterstützen wir die kleinbäuerlichen Familien sich für ihre Rechte einzusetzen wie bei der lokalen Umsetzung von Landreformen und dem Schutz vor Privatisierungen natürlicher Ressourcen.
Agarökologie: mehr als eine landwirtschaftliche Praxis
SPP erklärt , dass die Agrarökologie über die Vielzahl an darunterfallenden umwelt- und ressourcenschonenden Landwirtschaftstechniken hinaus geht: „Agrarökologie ist eine Bewegung von unten und eine landwirtschaftliche Praxis. Sie zeichnet sich durch einen ganzheitlichen Ansatz aus, der die Bedeutung der Landwirtschaft über die reine Nahrungsmittelproduktion hinaus anerkennt. Sie bringt ökologische Prinzipien mit sozialen, kulturellen und wirtschaftlichen Dimensionen in Einklang, um nachhaltige und gerechte Ernährungs- und Landwirtschaftssysteme zu erschaffen. Dabei stellt sie das Wissen und die Bedürfnisse der Menschen in den Mittelpunkt.“
Mit der Kampagne „Mit Agrarökologie zur Ernährungssouveränität“ setzt sich SPP dafür ein, dass diejenigen Menschen, die vom Land leben, die Kontrolle über die Produktionsmittel, wie Land, Wasser, Saatgut und natürliche Ressourcen erhalten, um sicherzustellen, dass diese gerecht und ökologisch verträglich genutzt werden. Dafür engagiert sich SPP in der globalen Allianz von Bäuer*innen La Via Campesina und unterstützt Kleinbäuer*innen und Landarbeiter*innen darin, sich zu organisieren.
Maßnahmen
Agrarökologische Bildung aufs Land
Das Team von SPP erarbeitet mit Expert*innen und Kleinbäuer*innen einen Lehrgang mit sieben Schulungsmodulen und einer E-Learning Plattform. Der Lehrgang vermittelt sowohl landwirtschaftliche Praxis als auch das ganzheitliche Denkmodell der Prinzipien der Agrarökologie und verbindet dabei Innovationen mit traditionellem Wissen. Zudem entwickelt SPP einen Ausbilderlehrgang, der insgesamt 130 Kleinbäuer*innen das Rüstzeug vermittelt, um wiederum andere Menschen schulen zu können. SPP unterstützt die Kleinbäuer*innen den Wissensaustausch in selbst organisierten Gruppen fortzuführen.
Lernen und lehren auf gemeinschaftlich betriebenen Demonstrationsfeldern
Kleinbäuer*innen lernen auf fünf Demonstrationsfeldern agrarökologische Prinzipien und Techniken kennen. Diese Felder werden gemeinschaftlich von rund 600 Personen betrieben, die in gemeindebasierten Gruppen zusammenarbeiten. Sie erleben die Vielfalt der Pflanzen, die ohne synthetische Düngemittel und Pestizide angebaut werden können, und lernen die Vorteile der Fruchtfolge, der Mischkulturen und der natürlichen Schädlingsbekämpfung kennen. Die Kleinbäuer*innen und das Team von SPP tauschen sich über bewährte Praktiken, Herausforderungen und Innovationen aus. So auch der Umgang mit den kontinuierlich zurückgehenden Niederschlagsmengen. Auf den Demonstrationsflächen erproben Bäuer*innen den effektiven Einsatz von Regenwassernutzung, Wasserspeicherreservoirs und Tröpfchenbewässerungssystemen. Sie erlernen Techniken für ein angepasstes Bodenmanagement, bspw. gezieltem Mulchen zur Reduzierung der Verdunstung. Ebenso werden Techniken zur Viehzucht, dem Aufbau von Saatgutbanken und dem Anlegen von Wurmkulturen für die Herstellung von organischem Dünger vermittelt.
Politische Bildung und Kampagnen für ein gerechtes Ernährungssystem
In Workshops zur politischen Bildung wird Kleinbäuer*innen und Landarbeiter*innen Wissen vermittelt, um die Herausforderungen der kleinbäuerlichen Landwirt*innen und Gemeinschaften zu verstehen und eine wirksame Interessensvertretung aufzubauen. Sie lernen sich effektiv für ihre Rechte einzusetzen, z.B. bei der lokalen Umsetzung von Landreformen, beim Schutz vor Privatisierungen natürlicher Ressourcen und dem Kampf gegen menschenunwürdige Arbeitsbedingungen in neoliberalen Landwirtschaftskonzernen. Darüber hinaus unterstützt das Team von SPP die Entwicklung von Kampagnen, die zum Ziel haben, strukturelle Veränderungen hin zu einem gerechteren Ernährungssystem anzustoßen.
Setzen Sie sich für ein gerechtes Ernährungssystem ein.
Stärken Sie mit Ihrer Spende Kleinbäuer*innen weltweit.
Partnerorganisation
Die 1984 gegründete Graswurzelorganisation Surplus People Project setzt sich im zutiefst von Ungleichheiten geprägten Südafrika für eine gerechte Gesellschaft ein. Die Wurzeln von SPP liegen im Kampf gegen die Zwangsumsiedlungen im Apartheidstaat. SPP stärkt Kleinbäuer*innen und Landarbeiter*innen in Südafrika. Schwerpunkte sind Agrarökologie, der Einsatz für eine Landrechtsreform und ein gerechtes Ernährungssystem. SODI arbeitete bereits seit 2014 erfolgreich mit SPP zusammen.