Landrechte einfordern!

Die Überwindung historischen Unrechts bleibt eine dringende Aufgabe des neuen Südafrika. Landlose fordern ihr durch Kolonialismus und Apartheid unrechtmäßig enteignetes Land zurück. Die Organisation TCOE hilft den Betroffenen, sich für ihre Rechte einzusetzen und fördert ihren Zusammenschluss.
„Unser Land, unser Erbe, unser Recht“
“Wir wollen kein Land kaufen. Wir haben kein Geld. Wir wollen kein Land kaufen, weil es unser Land ist. Wir sind in diesem Land keine Flüchtlinge. Wir sind in diesem Land geboren und aufgewachsen.” (M.S. Khohlela, TCOE)
Durch 250 Jahre Kolonialherrschaft und Apartheid hat die schwarze Bevölkerungsmehrheit den Großteil ihres Landes verloren. Landnutzung und Landbesitz waren in Südafrika lange Zeit von der Hautfarbe einer Person abhängig. Die Hoffnung, altes Unrecht nach dem Ende der Apartheid 1994 zu überwinden, hat sich noch nicht erfüllt. Trotz Landreform sind erst 4,2 Prozent des Farmlandes an schwarze Haushalte verteilt. Die Betroffenen müssen selbst aktiv werden, wenn sich dies ändern soll.
Deshalb hilft die Nichtregierungsorganisation TCOE (Trust for Community Outreach and Education) Landlosen, Landarbeitern und kleinen Bauern, ihre Landrechte einzufordern, indem sie Aufklärungsarbeit leistet und ihren Zusammenschluss in Landwirtschaftsgruppen fördert. Bereits 300 Initiativen mit mehr als 2000 Mitgliedern wurden in den Provinzen Eastern Cape, Western Cape und Limpopo gegründet. In Trainingskursen lernen die Betroffenen alles über ihre Rechte und die Landreform. Sie eignen sich die Fähigkeit an, sich zu vernetzen und zu organisieren. In Foren tauschen sie ihre Erfahrungen und ihr Wissen aus. Eine überregionale Organisation wird mit Lobbyarbeit die Politiker verstärkt unter Druck setzen, endlich bestehendes Recht umzusetzen. SODI unterstützt die Arbeit von TCOE.



Es ist an der Zeit, zu handeln!
1994 – zum Ende der Apartheid – waren 86 Prozent des Farmlandes in der Hand von 60 000 weißen Farmern. Während der Apartheid wurde die Mehrheit der schwarzen Südafrikaner auch im Sinne der räumlichen Trennung von Schwarz und Weiß in so genannte Homelands zwangsumgesiedelt. Etwa die Hälfte der schwarzen Bevölkerung lebte auf 13 Prozent der Fläche Südafrikas. Der Großteil der männlichen schwarzen Bevölkerung musste als Wanderarbeiter arbeiten. Viele Frauen mussten den Lebensunterhalt als Hausangestellte in weißen Haushalten verdienen und ihre Kinder in den Homelands zurücklassen. Eine eigene wirtschaftliche Entwicklung in den Homelands war nicht möglich. Auch in den Städten wurde das Prinzip der Rassentrennung ohne Ausnahme umgesetzt: Die schwarze Bevölkerung lebte unter unzumutbaren Bedingungen in kleinen Häusern ohne Wasser und Strom in so genannten Townships. Die erste demokratisch gewählte Regierung verpflichtete sich 1994, 30 Prozent des Farmlandes innerhalb von fünf Jahren an 600.000 schwarze Haushalte zu verteilen. Am Ende der Frist waren jedoch erst ein Prozent des Landes umverteilt; die Zeitspanne wurde bis 2015 verlängert.
Die Landreform in Südafrika folgt dem marktwirtschaftlichen Prinzip, nur Land umzuverteilen, das freiwillig an den Staat zum Marktpreis verkauft wird. Der Staat verteilt dann das erworbene Land an Landlose und kleine Landwirte. Seit 2000 werden die erworbenen Landgebiete jedoch vor allem an diejenigen verteilt, die einen Eigenbeitrag leisten können. Damit werden hauptsächlich kommerzielle Farmer und nicht arme Teile der Bevölkerung begünstigt. So sind erst 4,2 Prozent des Farmlandes verteilt. Immer noch gehören 80 Prozent des Landes der weißen Minderheit.
Den langen Weg zu eigenem Land können viele der Betroffenen nicht gehen – vor allem Frauen, die zu 60 Prozent in Armut leben, können den notwendigen Eigenanteil zum Erwerb des Landes nicht erbringen. Dem Großteil fehlt das Wissen über ihre Landrechte und die Mechanismen der Landreform. Viele besitzen auch nicht das nötige land- und betriebswirtschaftliche Wissen, um eine Farm zu bewirtschaften. Sie haben keinen Zugang zu Krediten und Versicherungen.
Hilfe zur Selbsthilfe!
Unser südafrikanischer Partner TCOE unterstützt den Zusammenschluss von Landlosen, kleinen Landwirten, Kleinproduzenten und Kooperativen in lokalen Landwirtschaftsgruppen. Der Zusammenschluss in einer überregionalen Organisation soll diesen eine hörbare Stimme geben. Damit werden die zuständigen Politiker zunehmend unter Druck gesetzt, die Landreform gemäß den bestehenden Programmen und Gesetzen umzusetzen.
Viele lokale Landwirtschaftsgruppen, in denen die Mitglieder ihre spezifischen Bedürfnisse artikulieren und gemeinsam für ihre Landrechte einstehen, haben sich bereits gegründet. Landlose können oft den Eigenanteil zum Erwerb von Land nicht allein aufbringen. In Gruppen finden sie sich zusammen, um nicht nur den Eigenanteil gemeinsam zu erbringen, sondern auch ihre Erfahrungen im Prozess des Landerwerbs auszutauschen. Für viele ist das der einzige Weg aus der Armut.
Die Zahl der Vertreibungen von Landarbeitern von Farmland hat sich mit dem Ende der Apartheid verzwanzigfacht. Landarbeiter kämpfen für ihr Bleiberecht auf dem Land, auf dem sie seit Jahrzehnten für weiße Farmer arbeiten. Manche Landarbeiter wollen es auch kaufen. Sie benötigen rechtliche Beratung und Hilfestellung beim Landerwerb.
Über Netzwerke können sich kleine Landwirte und Kooperativen über neue Anbaumethoden und Arbeitsweisen austauschen. Schließlich soll der erworbene Boden effektiv und umweltfreundlich genutzt werden, um eine langfristige landwirtschaftliche Nutzung zu gewährleisten.
Die Organisatoren der Landwirtschaftsgruppen werden in Fragen der Organisation und Vernetzung geschult. Die lokalen Führer lernen Grundlagen der Landreform und Nahrungsmittelsicherheit. Sie können die Vernetzung in einer überregionalen Organisation voranbringen und Wissen weiter vermitteln. Gezielte Lobbyarbeit kann Politiker verstärkt unter Druck setzen. Bestehende Programme der Landreform sollen umgesetzt und vor allem arme Bevölkerungsteile begünstigt werden.
Dieses ambitionierte Vorhaben unterstützt SODI seit Anfang Juli 2006 für ein Jahr.
Geplant sind:
- ein fünftägiger nationaler Workshop
- Trainingsmaßnahmen für 100 lokale Organisatoren in Organisation und für 60 lokale Führer über die Landreform und Nahrungsmittelsicherheit
- Organisation von lokalen Foren zum Erfahrungsaustausch und die Erstellung einer Datenbank mit den Daten aller beteiligten Gruppen
- die Herausgabe und Verteilung des Newsletters „Community News“ zur Verbreitung von Informationen.
Durch Hilfe zur Selbsthilfe soll dieses, durch die Stiftung Nord-Süd-Brücken kofinanzierte Projekt, zu einer überregionalen Organisation führen, deren Mitglieder mit hörbarer Stimme ihre Landrechte einfordern!
Die Schwarz-Weiß-Fotos der Fotoausstellung "Our Land..our life...our future" wurden mit freundlicher Genehmigung von TCOE und den Fotografen (Paul Grendon, Fanie Jason, Siphiwe Sibeko) zur Verfügung gestellt.

Dieses Projekt wird gefördert durch private Spenden und:
