Lernen für die DorfentwicklungII
Entwicklungspotenzial in ländlichen Regionen
Die Jugend in den Bergdörfern im Süden von Laos hat meist nur die Wahl zwischen der Abwanderung in Städte, um sich mit Gelegenheitsarbeiten bspw. im Baugewerbe durchzuschlagen, oder der Fortsetzung des subsistenzwirtschaftlichen Daseins ihrer Eltern, das durch die Folgen des Klimawandels und steigender Bevölkerungszahlen jedoch ebenfalls immer unsicherer wird und mit starren Geschlechterrollen einhergeht. Beide Optionen bedeuten schlussendlich nur Überleben in Armut. Die Landflucht führt außerdem zur Stagnation des wirtschaftlichen Lebens in den zurückgelassenen Gemeinden, durchaus vorhandene Entwicklungspotentiale der ländlichen Region bleiben weiterhin ungenutzt. Mit der gezielten Ausbildung und Ausstattung gründungswilliger junger Erwachsener in den Dörfern, die mehrheitlich von Angehörigen ethnischer Minderheiten bewohnt werden, gewinnen nicht nur die Gründer*innen selbst, sondern auch ihre ländlichen Gemeinden.
Die Ausgangssituation
Insbesondere in den entlegenen Regionen von Laos beendet weniger als die Hälfte der Kinder das 5. Schuljahr. Für viele Angehörige ethnischer Minderheiten kommt neben der schwachen öffentlichen Infrastruktur die Sprachbarriere als strukturelle Hürde hinzu – die Amts- und Unterrichtssprache Laos wird nur von etwas mehr als der Hälfte der gesamten laotischen Bevölkerung als Muttersprache erlernt. Ohne formalen Schulabschluss bleibt ihnen jedoch der Weg in eine berufliche Ausbildung und damit bessere Einkommenschancen verwehrt. In der Provinz Salavanh, die am wenigsten urbanisierte des Landes, gehören 95 Prozent der Einwohner*innen zu ethnischen Minderheiten. Viele Dörfer haben keinen Zugang zu sauberem Wasser. Außerdem ist das tägliche Leben von traditionellen Überzeugungen und Gewohnheiten geprägt: nur 46 Prozent der Mädchen besuchen die Grundschule regelmäßig.
Um diesen Kreislauf aus Armut, geringen Bildungschancen und fehlender wirtschaftlicher Teilhabe zu durchbrechen, ist für diese jungen Erwachsenen eine non-formale berufliche Ausbildung eine wichtige Perspektive.
Die laotische Regierung hat auf diese Situation mit der Entwicklung von non-formalen Berufsausbildungskursen reagiert. Doch während die ausgebildeten Elektriker*innen, Mechaniker*innen und Maurer*innen anschließend in die Städte abwandern, bleiben ihre Dörfer wirtschaftlich abgehängt. Ob nun ein Kleidungsstück repariert oder eine Schuluniform benötigt wird, das Moped repariert oder ein neuer Türrahmen gezimmert werden muss – jede Dienstleistung erfordert oft eine stundenlange Anreise der Dorfbewohner*innen in die nächste Distriktstadt. Die Kosten für das Benzin oder die Busfahrkarte stellt für die Menschen in den Dörfern eine zusätzliche finanzielle Belastung dar.
Maßnahmen
Unser Projektpartner GLAD geht anders vor und gibt der Jugend eine Perspektive in ihrer Heimat. Und das mit Erfolg! In den Provinzen Saravanh und Sekong gründeten im letzten Projekt bereits 49 Männer und Frauen in 27 Dörfern ein eigenes Gewerbe. Die Familieneinkommen haben sich um bis zu 580 Euro pro Jahr verbessert – und damit in manchen Fällen sogar verdoppelt.
In dem Projekt dient die berufliche Ausbildung nicht dazu, den Arbeitskräftebedarf in den Städten zu decken. Vielmehr sollen die ausgebildeten jungen Menschen ermutigt und befähigt werden, ihre Fähigkeiten für die Entwicklung ihrer Dörfer einzusetzen. Die Bedarfsanalyse hat ergeben, dass acht Bildungsmodule besonders relevant sind: Reparatur kleiner Motoren, Zimmerei, Schneiderei, Elektrizität, Bauwesen, Gastronomie, Pflanzenproduktion und Viehzucht.
Bis 2023 sollen 103 junge Frauen und Männer ethnischer Minderheiten, die von formalen Berufsausbildungen ausgeschlossen sind, eine Ausbildung im Handwerk erhalten sowie weitere Weiterbilduingen, um so ein sicheres Einkommen in ihren Heimatdörfern erwirtschaften zu können. Dies befördert lokale Wirtschaftskreisläufe und stärkt auch die 25 Dörfer.
Es werden nur die jungen Männer und Frauen ausgewählt, die bereit sind, sich nach der Ausbildung in ihrem Dorf mit einem Handwerk niederzulassen. Gibt es bereits ein*e Friseur*in in einem Dorf, so wird keine zweite ausgebildet, um somit Konkurrenzsituationen zu vermeiden. In vier bis sechs Monaten lernen sie alles, was sie brauchen, um sich in ihrem Dorf eine Existenz aufzubauen. Anschließend erhalten sie je nach Gewerbe die nötige Ausstattung: Nähmaschine, Bügeleisen, Werkzeugkasten, Schweißgerät, Kompressor, Sägen und weiteres Material. Für einen sicheren Umgang mit Einnahmen und Ausgaben nehmen die jungen Handwerker*innen an einem mehrtägigen Kurs teil: Was sind die Unterschiede zwischen festen und laufenden Kosten? Was muss ich investieren und welche Preise kann ich für meine Dienstleistungen verlangen? Nur, wer diese Fragen beantworten kann und Einnahmen und Ausgaben dokumentiert, kann mit seinem Gewerbe ein stabiles Einkommen schaffen.
Projektpartner: GLAD
GLAD (German Lao Association for Development) führt seit 2013 Projekte zur non-formalen beruflichen Ausbildung zum Zweck der Dorfentwicklung und Stärkung von lokalen Wirtschaftskreisläufen durch und hat sich über die Jahre ein Netzwerk an Akteuren aufgebaut, wie beispielsweise staatliche Berufsschulen, Trainer und Gutachter.