Moringa stärkt Bildung und Bäuerinnen
Eine nahrhafte und ausreichende Ernährung ist der Schlüssel für einen erfolgreichen Schulabschluss. In Namibia gehen viele Kinder mit leerem Magen zur Schule. Sie können sich schlecht konzentrieren, es kommt zu Fehlzeiten und Schulabbrüchen. Das wollen die Namibia Nature Foundation (NNF) und SODI mit dem Anbau von Moringa in Schul- und Gemeinschaftsgärten ändern. Zusammen mit engagierten Kleinbäuerinnen, Lehrkräften, Schüler*innen und Unternehmer*innen.
Die Ausgangssituation
Die trockenen ländlichen Regionen Kavango und Kunene entlang der angolanischen Grenze zählen zu den ärmsten Gebieten in Namibia. Ein Großteil der Bevölkerung versorgt sich selbst und kämpft bereits seit Jahren mit den Folgen der fortschreitenden Klimaveränderungen. Extremwettereignisse wie Dürren und Überschwemmungen treten immer häufiger auf. Die Verwüstung der kargen Böden schreitet voran, ökologische und soziale Kippunkte rücken näher. Weil die Böden wenig fruchtbar sind und zu wenig Wasser verfügbar ist, haben die Bäuer*innen in der Kavango und Kunene Region Schwierigkeiten, ausreichend Lebensmittel zu produzieren. Der begrenzte Zugang zu klimaangepassten landwirtschaftlichen Technologien und Praktiken sowie schlechte Markzugänge verstärken die Nahrungsmittelknappheit. Über 50 % der Kinder sind von Armut betroffen. Unterernährung ist die Ursache für 16 % aller Todesfälle bei Kindern unter fünf Jahren in Namibia. Einfachste Schulmahlzeiten, wie 125 g Mielie Pap – das ist Maismehl aufgekocht mit Wasser – sind vielerorts die einzige Mahlzeit am Tag. Die NNF und SODI wollen die Ernährungssicherheit und –souveränität in der Kavango und Kunene Region verbessern. Dreh- und Angelpunkt des Projekts ist die Etablierung von Agroforstsystemen, deren Fokus auf der Kultivierung vom einheimischen Moringa oleifera, dem Meerrettichbaum, liegt. Das Projekt bewirkt einerseits die Verbesserung des namibischen Schulspeisungsprogramms (Namibia School Feeding Programme (NSFP)) durch den Anbau von Moringa in Schulgärten, die den Nahrungsplan der Schüler*innen ergänzen sollen. Andererseits werden Kleinbäuer*innen gestärkt durch die Weiterentwicklung traditioneller Anbaumethoden und der Stärkung lokaler Wertschöpfungsketten. Denn die Stärkung von Kleinbäuerinnen ist der Schlüssel zur nachhaltigen Ernährungssicherheit der Projektregionen.
Die Maßnahmen
Die Namibia Nature Foundation (NNF) und SODI verbessern die Ernährungssituation von insgesamt 960 Schüler*innen durch den Ausbau der Schulspeisungsprogramme. Zudem lernen Schüler*innen und Lehrkräfte in Ernährungs- und Kochkursen ausgewogen und nahrhaft zu kochen, mit den Zutaten, die ihnen tatsächlich zur Verfügung stehen. Außerdem wird die Wirtschaft angekurbelt, nicht nur durch den ertragreichen Anbau ermöglicht. Auch durch die Schaffung von Verarbeitungsanlagen für Moringa, die Produkte auf Moringa-Basis für den lokalen Markt entwickeln und herstellen sollen.
Schul- und Gemeinschaftsgärten liefern gesundes Essen
In zwei Schulgärten in der Region Kavango Ost und Kavango West sowie eines Gemeinschaftsgartens in der Kunene Region soll das als sehr nahrhaft und gesund geltende Moringa in einem Agroforstsystem angebaut werden. Mitarbeitende der NNF unterstützen den Aufbau der Gärten mit Gerätschaften und technischem Wissen. Saatgut und Setzlinge werden von einer lokalen Bäuerinneninitiative bezogen. Die Ernte aus den Schulgärten werden direkt im Schulessen verarbeitet. Zusätzlich werden pro Schuljahr Lehrer*innen und Schüler*innen in ökologischer Landwirtschaft, in Agroforstwirtschaft, verbesserter Ernährung und Lebensmittelzubereitung geschult. Dieses Wissen können sie unmittelbar anhand der Gärten erproben und in die Praxis umsetzen.
Kochclubs verbreiten Wissen über Ernährung
In Kochclubs lernen die Schüler*innen gesunde Mahlzeiten zu kochen und abwechslungsreiche Speisepläne aufzustellen. Die auf lokalen Lebensmitteln basierenden Rezepte werden von den Lehrkräften zusammen mit Student*innen der Namibia University for Science and Technology (NUST) entwickeln und unter Anleitung von Ernährungsexpert*innen entwickelt.
Starke Kleinbäuerinnen verbessern die Ernährungssicherheit
Gute Ernte mit Moringa-Bäumen trotz Wassermangel
Die Kleinbäuerinnen lernen in Trainings verschiedene Gemüsesorten in Agroforstsystemen zusammen mit dem Moringa-Baum ökologisch anzubauen. Moringa als tropische und subtropische Pflanze gedeiht in trockenen Gebieten schnell und gut und ist somit ideal an die klimatischen Bedingungen in Namibia angepasst. Der Baum produziert das ganze Jahr über essbare Blätter und Samen.Die Moringa-Bäume werden mit weiteren Sträuchern und Ackerkulturen kombiniert, wie z.B. mit Maramabohnen, Kuhbohnen, Erdnüsse und Spinat. Die aufeinander abgestimmte Vielfalt der Kulturen wirkt sich positiv auf die Temperatur und die Luftfeuchtigkeit aus. Die Bäume verringern zudem die Bodenerosionen, d.h. das Abtragen der fruchtbaren Erde durch Winde oder starken Regen. So können trotz kargen Böden und Wassermangel gute Ernten erzielt werden.
Wissen teilen – Anbaumethoden weiterentwickeln
Das Projekt richtet sich an Frauen, die in der Folge schlechter Bildungschancen und geringen Ressourcen kein geregeltes Einkommen haben. Sie werden als Kleinbäuer*innen darin geschult, traditionelle Methoden für den Anbau von Lebensmitteln weiterzuentwickeln. Das Bäuerinnennetzwerk Women in Agriculture of Namibia (WIAN) unterstützt durch die Vernetzung von erfahrenen und unerfahrenen Kleinbäuerinnen den Wissensaustausch. Forscher*innen von NUST geben Tipps zum landwirtschaftlichen Anbau, z.B. mittels regelmäßigen Bodenanalysen auf Basis derer, sie den Bäuerinnen fundierte Empfehlungen zur Fruchtfolge geben.
Aufbau lokaler Wertschöpfungsketten
Eine weitere Maßnahme im Projekt ist die Errichtung einer Verarbeitungsanalage für Moringa, um die lokale Wertschöpfung zu stärken und so, u.a. den namibischen Schulen, hochwertige Lebensmittel anbieten zu können. Bisher wurde im Land gewonnenes Moringa zur Weiterverarbeitung ins Ausland exportiert. Jetzt kann auch im Land eine nachhaltige Wertschöpfung stattfinden. Die Verarbeitungsanlage wird in Kooperation zwischen WIAN und einem lokalen Startup aufgebaut. Die jungen Unternehmer*innen des Startups werden durch Schulungen zu Unternehmertum, Lebensmitteltechnologien und Produktentwicklung unterstützt.
Partnerorganisation
Die Namibia Nature Foundation (NNF) ist Namibias führende Nichtregierungsorganisation für Naturschutz und nachhaltige Entwicklung. Die Hauptziele der Organisation sind die Förderung einer nachhaltigen Entwicklung, die Erhaltung der biologischen Vielfalt und der natürlichen Ökosysteme sowie die nachhaltige und ethische Nutzung der natürlichen Ressourcen zum Nutzen aller Namibier*innen. Die NNF nutzt integrierte sozioökologische Ansätze zur Verbindung der Bereiche gemeindebasiertes Management natürlicher Ressourcen, Agrarökologie und Ernährungssicherheit sowie Bildung für Nachhaltige Entwicklung. Die NNF arbeitet eng mit dem Ministerium für Landwirtschaft, Wasser und Landreform sowie den drei nationalen Bauernverbänden zusammen. Die NNF war maßgeblich an der Umsetzung des zweiten nationalen Aktionsplans für die biologische Vielfalt in Namibia beteiligt.