Umweltschutz und Ernährungssouveränität durch nachhaltige Landwirtschaft
In Zentralvietnam und Nordlaos fehlt es kleinbäuerlichen Familien zunehmend an nutzbaren Ackerflächen, unsichere Ernährung ist die Folge. SODI unterstützt mit den lokalen Partnerorganisationen SPERI (Vietnam) und CHESH (Laos) Kleinbäuer*innen aus vier Dörfern. Mit praktischen Trainings zu Themen wie Agroökologie und nachhaltiger Waldschutz trägt das Projekt dazu bei, die Ernährungssituation der Dorfbevölkerung zu verbessern und ihre Existenzgrundlage zu sichern. Weiterhin wirkt das Projekt durch die Förderung einer nachhaltigen Landwirtschaft und dem Anbau einheimischer Pflanzenarten der fortschreitenden Umweltzerstörung und dem Verlust der einheimischen Biodiversität infolge von Waldrodung und Monokulturanbau entgegen.
Vietnam
Ausgangssituation
Die Bevölkerung in der zentralvietnamesischen Provinz Quang Binh und der Provinz Luang Prabang im Norden von Laos lebt mehrheitlich von ihrem eigenen Anbau in der Landwirtschaft. Jedoch fehlt es den Kleinbäuer*innen zunehmend an nutzbaren Ackerflächen, da einerseits die Landrechte unklar verteilt sind und andererseits die industrielle Landwirtschaft (in Form von Monokulturen) immer weiter vordringt.
Auch die umliegenden Wälder in den zwei Regionen sind bedroht: Für den monokulturellen Anbau, z.B. von Akazienplantagen, lassen große Agrarkonzerne immer mehr Waldfläche abholzen. Aber auch die Lokalbevölkerung übernutzt die Wälder. Dadurch werden einheimische Gehölze und Pflanzen verdrängt, es kommt zu Bodenerosion und die Bodenqualität verschlechtert sich drastisch. Die Kleinbäuer*innen sind von dieser Entwicklung besonders betroffen, da die Produktivität ihrer Felder zurückgeht und es zu Ernteausfällen kommt. Ihre Existenzgrundlage ist gefährdet.
Eine weitere Bedrohung ist der Klimawandel. Dürren, Überschwemmungen, Wüstenbildung in den Anbauflächen und Erdrutsche verschlechtern die Erträge. Die Abholzung des Waldes und der monokulturelle Anbau machen die Bevölkerung noch anfälliger für die Folgen von Extremwetterereignissen, die immer häufiger in der Region auftreten.
Lage in den Dörfern Ke, Chuoi und Cao (Vietnam)
Die Mehrheit der Bewohner*innen der Dörfer Ke, Chuoi und Cao in der Provinz Quang Binh gehört zur ethnischen Minderheit der Ma Lieng. Ihre Lebensbedingungen werden durch folgende Probleme erschwert:
1) Mangel an Ackerflächen:
Da die Zahl an Haushalten in den letzten Jahren gestiegen ist, sind Wohn- und Nutzflächen knapp. Im Dorf Ke, zum Beispiel, hat sich die Zahl der Haushalte seit 2002 mehr als verdoppelt, sodass die vormals zugeteilte Fläche für viele Dorfbewohner*innen nicht mehr ausreicht.
Die Situation in den anderen Dörfern ist ähnlich: Mehr als die Hälfte der Haushalte verfügt über keine oder zu wenig Ackerfläche. Hinzu kommt, dass die Interessen und Bedürfnisse der Dorfbewohner*innen bei der Frage, wie das Gemeindeland gerecht verteilt und genutzt werden kann, nicht ausreichend berücksichtigt werden.
2) Missmanagement bei der Nutzung von Gemeindeland und -wald
Gut 80 Prozent der Fläche der drei Dörfer gelten als Waldfläche, obwohl weite Teile davon zerstört sind. Auswärtige Investoren und Agrarfirmen nutzen die schlechte Verwaltung der Fläche für ihre profitgetriebenen Zwecke aus und ziehen den Wald durch ihre jahrelange Holzausbeutung und die Rodung für Akazienplantagen stark in Mitleidenschaft.
Ein weiteres Problem ist, dass in den drei Dorfgemeinden klare und gemeinsam abgestimmte Regeln für die Flächennutzung fehlen: Frei herumlaufendes Vieh verschmutzt die Wohnumgebung und zerstört Ernteerträge, die unregulierte Verwendung und Entsorgung von Plastikmüll belastet das Gemeindeland.
3) Fehlende agroökologische Kenntnisse
Die Dorfbewohner*innen bestellen ihre Felder mit nur wenigen, meist nicht einheimischen Pflanzenarten. Auf Dauer führt diese nicht nachhaltige Form des Anbaus zu einem Rückgang der Bodenfruchtbarkeit und der Biodiversität.
Hinzu kommt, dass nur wenige Haushalte einen Teil ihres Saatguts für die nächste Ernte zurücklegen können. Als Folge müssen 90 Prozent des Saatguts von außen zugeführt werden. Dadurch werden einerseits die lokalen Pflanzenarten weiter verdrängt und andererseits die Kleinbäuer*innen in eine große Abhängigkeit von staatlichen Subventionen und auswärtigen Hilfen getrieben.
Die Lage im Dorf Yang (Laos)
Die Bewohner*innen des Dorfes Yang in der nördlichen Provinz Luang Prabang gehören mehrheitlich zur ethnischen Gruppe der Tai. Sie leben hauptsächlich von der Viehzucht und dem Anbau von Getreidepflanzen wie der Hiobsträne. Ihr traditionelles Handwerk zur Herstellung von Möbeln aus Naturmaterialien wie Bambus wird zunehmend durch industriell angefertigte Plastikprodukte verdrängt. Für die Dorfbewohner*innen bricht damit eine wichtige Einnahmequelle weg. Die schwierige wirtschaftliche Situation im Dorf zwingt immer mehr junge Dorfbewohner*innen zur Arbeitsmigration, z.B. nach Thailand.
Weitere Probleme sind unklare Landnutzungsrechte und unzureichender Schutz der Felder vor Nutzvieh. Der monoartige Anbau z.B. von Hiobstränen lässt auch hier die Wälder schwinden, verstärkt die Bodenerosion und vermindert die Ernten. Eine Einkommensmöglichkeit für das Dorf könnte die Zucht der Waldkrabbe (Pu Panh) sein, die zur Verfeinerung von Speisen genutzt wird und in der Umgebung von Yang häufig vorkommt. Ihr Bestand ist jedoch durch Übernutzung, fehlenden Schutz und die fortschreitende Waldzerstörung bedroht. Für den gewinnbringenden Verkauf von besonderen Produkten wie der Waldkrabbe fehlt den Dorfbewohner*innen zudem der richtige Markzugang und die nötigen Kenntnisse, um geeignete Abnehmer ausfindig zu machen.
Maßnahmen
Gemeinsam mit den lokalen Partnerorganisationen SPERI und CHESH will SODI die Bewohner*innen der vier Dorfgemeinden dabei unterstützen, die umliegenden Land- und Waldflächen nachhaltig zu bewirtschaften. Ziel ist es, mit Agrarökologie die Ernährungssituation der Lokalbevölkerung zu verbessern und den Klimaschutz voranzutreiben sowie neue Einkommensmöglichkeiten und eine sichere Zukunft für die Dörfer zu schaffen. Da Waldzerstörung und Klimawandelfolgen nicht an den Grenzen halt machen, stärkt das Projekt gleichzeitig zivilgesellschaftliche Süd-Süd-Kooperationen zwischen Vietnam und Laos für die Bewältigung dieser Herausforderungen.
Gerechte Landverteilung und Regeln zur Nutzung
Ausreichend Anbaufläche und Regeln zur Nutzung dieser Fläche sind Voraussetzung für eine sichere Ernährung. Begleitete Dorfversammlungen in den Gemeinden ermöglichen hierbei, mit Beteiligung von Vertreter*innen der Familien und Kommunalbeamt*innen, die gerechte Überarbeitung der Landnutzungspläne, die Vergabe von Gemeindeland an landlose Familien sowie die Schlichtung von Konflikten um strittige Flächen. Im Dorf Yang soll zudem ein Gebiet für die Aufzucht der bedrohten Waldkrabben festgelegt werden.
Agroökologische Ausbildung für junge Kleinbäuer*innen
Ausgewählte Bäuer*innen aus den vier Dörfern werden von erfahrenen agroökologisch wirtschaftenden Kleinbäuer*innen und Fachpersonal in nachhaltigen Anbaumethoden ausgebildet. Der Austausch mit diesen Vorbildern motiviert sie, von Monokulturen und der nicht nachhaltigen Nutzung des Waldes auf Agroökologie mit Mischkulturen und Obstbäumen umzustellen.
Die fundierte Ausbildung dauert drei Monate. Expert*innen schulen die Teilnehmenden in Praktiken zum integrierten Anbau, zum Management natürlicher Ressourcen, zum Waldschutz, zur biologischen Vielfalt und zur Agrarökologie. Das neue Know-How wird mit traditionellem lokalem Wissen verbunden. Die jungen Kleinbäuer*innen tragen anschließend ihre neuerworbenen Kenntnisse in die Gemeinden und teilen diese mit anderen Dorfbewohner*innen.
Mit Unterstützung des südostasien-weiten Netzwerks von Kleinbauern YIELDS-AGREE (Young Indigenous Ethnic Leadership for Agro-Ecological Enterprising) entstehen in den Dörfern Modellfarmen, auf denen die praktische Anwendung der nachhaltigen Methoden erfolgt und die Dorfbewohner*innen mehr über Agroökologie erfahren.
Viehhaltung verbessern und Müllentsorgung regulieren
Oft entstehen Konflikte durch freilaufendes Nutzvieh, das Ackerflächen und Ernte beschädigt. Deshalb werden die Dorfbewohner*innen kollektiv geeignete Weideflächen und Orte für Ställe sowie Regeln zum Schutz der Anbauflächen bestimmen. In Workshops auf den Modellfarmen erfahren sie mehr über Methoden zur verbesserten Viehhaltung, z.B. welche Stallarten es gibt oder wie man Dung weiterverwenden kann.
In jedem der vier Dörfer werden unter Beteiligung von kommunalen Vertreter*innen Versammlungen zur Reduzierung und Entsorgung von Abfällen (Plastik- und Kunststoffprodukte, Plastiktüten, Herbizide, Pestizide, etc.) organisiert. Hier beraten und entscheiden die Dorfbewohner*innen, wie sie mit Abfällen umgehen, wie sie Plastikmüll und giftige Chemikalien reduzieren können und wie sie Verstöße gegen die neuen Vorgaben ahnden wollen. Mit Hinweisschildern an den Ortseingängen werden auch Besucher*innen und Tourist*innen auf die Regeln zum Umgang mit Abfällen in den Dörfern aufmerksam gemacht.
Gemeindesaatgutbanken einrichten und Marktzugang verbessern
In jedem Dorf werden ausgewählte Bewohner*innen mit kommunalen Vertreter*innen und SODIs lokalen Partnern zusammenarbeiten, um Gemeindesaatgutbanken mit dazugehörigen Baumschulen zu errichten und zu betreiben. Die Beteiligten erlangen zuerst Wissen über die Rolle einheimischer Pflanzen für das lokale Ökosystem. Danach werden geeignete Samen für die Saatbanken gewonnen. Die Saatbanken dienen dazu, die zukünftige Ernährung der Gemeinden zu sichern und wieder mehr Pflanzenvielfalt herzustellen.
Damit die Kleinbäuer*innen ihre überschüssigen agroökologischen Erzeugnisse gewinnbringend verkaufen und so ein nachhaltiges Einkommen erwirtschaften können, benötigen sie einen besseren Zugang zu lokalen Märkten. SPERI und CHESH unterstützen sie dabei, potenzielle Abnehmer*innen für ihre Produkte ausfindig zu machen und Kontakte zu ausgewählten Unternehmen herzustellen. So kann eine faire Zusammenarbeit entstehen und für jedes Dorf ein verbesserter Zugang zum Markt für lokale Produkte und Dienstleistungen ermöglicht werden.
Projektpartner: SPERI und CHESH
Die vietnamesische Nichtregierungsorganisation SPERI (Social Policy Ecology Research Institut) wurde 2006 gegründet und engagiert sich vor allem für Kleinbäuer*innen und Angehörige ethnischer Minderheiten in Vietnam und Laos.
Die Projektarbeit von SPERI verfolgt dabei zwei zentrale Ziele: Die Stärkung der Souveränität der betroffenen Bevölkerungsgruppen und die Förderung des einheimischen Umweltschutzes. Die Organisation verbindet den Einsatz für Landnutzungsrechte mit der Förderung einer ökologisch nachhaltigen Land- und Forstwirtschaft. Als langjährig engagierte Zivilgesellschaftsorganisation arbeitet SPERI mit verschiedenen internationalen Partnern - wie Misereor, Caritas France, Brot für die Welt oder Norwegian People’s Aid - zusammen.
SODI und SPERI verbindet eine enge Partnerschaft. Zwischen 2017 und 2019 haben die beiden Organisationen bereits erfolgreich an einem Pilotprojekt zur Stärkung von Kleinbäuer*innen durch Agroforstwirtschaft in Vietnam zusammengearbeitet. Das neue Projekt setzt die enge Kooperation fort.
In Laos beteiligt sich die lokale, gemeinnützige Organisation CHESH (Center for Human Ecological Study of Highland) an der Umsetzung des Projekts. Sie ist seit 1998 aktiv und hat zusammen mit SPERI und weiteren Organisationen das länderübergreifende Netzwerk agroökologisch wirtschaftender Kleinbauern (Young Indigenous Ethnic Leadership for Agro-Ecological Enterprising, YIELDS-AGREE) aufgebaut.