Hygiene und Trinkwasser auf der Insel Idjwi
Die Bevölkerung der im Kivu-See gelegenen kongolesischen Insel Idjwi ist von akutem Trinkwassermangel, von Ernährungs- und Einkommensunsicherheit betroffen. Aufgrund ihrer isolierten Lage und der vielfältigen Marginalisierungen und Diskriminierungen durch die ansässige Mehrheitsgesellschaft der Ethnien der Bahavu und Bahutu ist die indigene Gemeinschaft der Mbuti den Schwierigkeiten besonders stark ausgesetzt. Gemeinsam mit der lokalen Partnerorganisation UGEAFI möchte SODI die Lebenssituation der Inselbevölkerung durch Trinkwasseraufbereitungs- und Entnahmeanlagen, Trainings zu landwirtschaftlichen und anderweitigen beruflichen Tätigkeiten sowie Antidiskriminierungsmaßnahmen verbessern.
Ausgangssituation
Die Insel Idjwi in der Provinz Süd-Kivu im äußersten Osten der Demokratischen Republik, ca. 1540 Kilometer (Luftlinie) entfernt von Kinshasa, ist nur mit einer einzigen Fährverbindung über den Kivu-See mit dem Festland verknüpft. Dadurch lebt die Bevölkerung in gewisser Sicherheit vor den vorherrschenden gewaltsamen Auseinandersetzungen im Osten der Demokratischen Republik Kongo, welche in negativen sozioökonomischen Folgen resultieren. Dennoch sind die Menschen auch hier von gravierenden sozioökonomischen Problemen betroffen.
Wasserversorgung und Gesundheit
Die 160.000 Inselbewohner:innen haben kaum Zugang zu sauberem Trinkwasser. Der Kivu-See und Wasserläufe werden sowohl als Toilette und Waschmöglichkeit, aber auch als Quelle für Trinkwasser genutzt, weshalb durch Wasser übertragene Krankheiten wie Magen-Darm-Infektionen, Typhus oder Cholera vermehrt auftreten. Die Beschaffung von sauberem Trinkwasser, beispielsweise per Boot aus dem Nachbarland Ruanda, ist äußerst aufwändig. Die Zuständigkeit für die Wasserversorgung liegt bei den Frauen und auch bei den Mädchen, was sie häufig vom Schulbesuch abhält.
Ernährungs- und Einkommensunsicherheit
Die Probleme in der Wasserversorgung sind ein Grund für geringe landwirtschaftliche Erträge. Außerdem fehlt es an geeignetem bzw. qualitativ hochwertigen Saatgut. Während einer im Februar 2021 durchgeführten Evaluierung gaben mehr als 90% der Befragten an, deswegen nicht über die Mittel zu verfügen, täglich eine Mahlzeit zu sich nehmen zu können. Aufgrund der geringen landwirtschaftlichen Erträge können kaum Erzeugnisse verkauft werden, sodass das Durchschnittseinkommen bei weniger als 0,50 US-Dollar liegt. Zusätzlich erschweren mangelhafte Transportmöglichkeiten und die fehlende Kooperation der Kleinbäuer:innen untereinander, den Verkauf der Güter zu besseren Preisen auf dem Festland. Fehlendes Startkapital und Ausbildungsmöglichkeiten sorgen auch dafür, dass kaum einkommensschaffende Tätigkeiten außerhalb der Landwirtschaft ausgeübt werden.
Marginalisierung der Mbuti
Die indigene Gemeinschaft der Mbuti ist besonders stark von Trinkwasser- Ernährungs- und Einkommensunsicherheit betroffen, da sie mehrfach marginalisiert, isoliert und stark diskriminiert durch die Mehrheitsgesellschaft auf Idjwi lebt. Aufgrund ihrer halbnomadischen Lebensweise fällt es ihnen schwer, Landrechte geltend zu machen und Lebensmittel anzubauen. In dieser einkommens- und ernährungsunsicheren Situation sehen sich die Mbuti teilweise gezwungen, auf unrechtmäßigem Wege notwendige Ressourcen zu erlangen, was Ausgrenzung von und Auseinandersetzung mit anderen Gemeinschaften verstärkt, die sich auch auf dem Arbeitsmarkt widerspiegelt.
Maßnahmen
Im Projekt wollen UGEAFI und SODI gemeinsam die Lebenssituation von rund 40.000 Menschen in den Regionen Mugote und Buhumba auf der Insel Idjwi verbessern.
Etablierung der Trinkwasserversorgung
Für die Regionen Mugote und Buhumba werden, nach eingehender bakteriologischer Untersuchung der Quellen, sechs Grundwasserquellen erfasst und insgesamt 46 Wasserentnahmestellen sowie ein Sammelbecken je Gemeinde installiert. Die Realisierungsarbeiten erfolgen gemeinsam mit den lokalen Anwohner:innen. Die regelmäßige Wartung und die Aufsicht während der Entnahmezeiten der Anlagen übernehmen jeweils fünfköpfige Wassermanagementkomitees, die entsprechend geschult wurden. Zusätzlich wird die Bevölkerung für Hygienepraktiken hinsichtlich des Körpers, im Umgang mit Lebensmitteln, im Haushalt und im öffentlichen Leben sensibilisiert, um sich wirksam gegen durch Wasser übertragende Infektionen zu schützen.
Verbesserung der Ernährungssicherheit
Agronom:innen schulen 800 Bewohner:innen, davon 300 Mbuti, zu landwirtschaftlichen Methoden von Anbau- Pflege- und Erntetechniken, über biologische Unkrautbekämpfung, die Herstellung von umweltfreundlichen Pestiziden, die Aufbewahrung von Saatgut, bis hin zur Verpackung, Konservierung und Lagerung der Erzeugnisse. Zudem erhalten die Schulungsteilnehmer:innen Anschubfinanzierungen für die Pacht von landwirtschaftlichen Flächen sowie für den Kauf von Saatgut. Die Zusammenschlüsse in 32 AVPAECs (associations villageoises de promotion agricole, d’épargne et de crédit) mit je 25 Mitgliedern kommt dem Austausch über Methoden und Techniken, effizienter (gemeinsamer) Instandhaltung der landwirtschaftlichen Flächen, gegenseitiger Kreditgewährung sowie gebündelter Produktvermarktung zugute.
Entwicklung von einkommensschaffenden Maßnahmen
Zu Projektbeginn wird über einen standardisierten Fragebogen an die Bevölkerung eine Studie zu wirtschaftlichen, rentablen und durchführbaren Wertschöpfungsketten im Projektgebiet durchgeführt. Die Ergebnisse bilden die Basis für 16 zweitägige Schulungsprogramme hinsichtlich Struktur und Management zusätzlicher Erwerbstätigkeiten der 230 Mitglieder der Wassermanagementkomitees über ihre Tätigkeit im Komitee hinaus. Des Weiteren erhalten die Begünstigten jeweils Anschubfinanzierungen in Höhe von rund 100 US-Dollar für ihre zusätzliche Tätigkeit. Die Zusammenschlüsse von 10 AVECs (associations villageoises d’épargne et de crédit) à 25 Personen dienen der gemeinsamen Durchführung und dem Austausch über Kredit- und Sparmaßnahmen sowie der Stärkung des sozialen Zusammenhalts.
Soziale Integration von Mbuti
Speziell für die Mitglieder der indigenen Gemeinschaft Mbuti wird ebenfalls eine Studie zu wirtschaftlichen und durchführbaren Wertschöpfungsketten im Projektgebiet durchgeführt. Sie könnten beispielsweise ihre Kenntnisse im Töpfer- und Schmiedehandwerk nutzen, um Produkte für den Markt herzustellen. Für ihre Tätigkeiten erhalten 110 Mbuti jeweils 100 US-Dollar als Anschubfinanzierung, etwa zur Anschaffung notwendiger Materialien und Werkzeuge. Zusätzlich wird ihre soziale Integration auch durch dreimal in der Woche stattfindende Informations- und Sensibilisierungsveranstaltungen für die Mehrheitsbevölkerung vorangetrieben. Maßnahmenübergreifend setzen sich der Direktor und der Projektleiter der Partnerorganisation UGEAFI durch Treffen mit den lokalen Behörden in Bukavu, der Provinzhauptstadt von Süd-Kivu, für die sozioökonomische Integration der Mbuti ein. Die Forderungen konzentrieren sich auf die Unterbindung des willkürlichem Entzugs von Land, das die Mbuti nutzen sowie auf die stärkere Präsenz der lokalen Behörden auf Idjwi. Durch Einbezug ihres größeren nationalen und Internationalen Netzwerks erhöht UGEAFI den Handlungsdruck auf die Behörden.
Partnerorganisation
UGEAFI (Union des Groupes d’Etudes et d’Actions pour le Développement de Fizi et Itombwe) ist seit mehr als 20 Jahren in der Region Süd-Kivu aktiv. In ihrer vielseitigen Arbeit engagieren sie sich für Ernährungssouveränität, Bildung, Einkommenssicherheit, Frieden und Gerechtigkeit zwischen den Geschlechtern.
Als renommierte lokale zivilgesellschaftliche Organisation arbeitet UGEAFI mit internationalen Partnern, wie z.B. Oxfam, Cordaid, Segal Family Foundation, und SODI zusammen. SODI und UGEAFI verbindet eine lange Partnerschaft. Seit über sechs Jahren arbeitet SODI in mehreren erfolgreichen Projekten mit UGEAFI zusammen. Aktivitäten zur fairen Kaffeeproduktion, nachhaltiger Landwirtschaft und der Sicherung von Trinkwasser verbessern die Lebenssituation der Menschen vor Ort.