Ethnische Minderheiten in Vietnam kämpfen für selbstbestimmte Entwicklung
Das Wirtschaftswachstum von Vietnam kommt nicht in den ländlichen Gebieten der ethnischen Minderheiten an: In den sechs Projektdörfern im Distrikt Luc Yen in der Provinz Yen Bai im Norden Vietnams sind etwa 50% der Menschen von Armut betroffen. Gemeinsam mit der lokalen Partnerorganisation DWC unterstützt SODI die zu den Minderheiten der Tay, Nung und Dao gehörenden Dorfgemeinschaften dabei, selbstbestimmt Entwicklungsmaßnahmen zu initiieren. Durch den Community-Management-Ansatz bekommen die Dorfbewohner*innen die Möglichkeit, sich an lokalen Entscheidungsprozessen zu beteiligen, eigene Projekte zur Verbesserung der Dorfinfrastruktur durchzuführen und in Kooperativen von Kleinbäuer*innen Landwirtschaft nachhaltiger und gewinnbringender zu betreiben.
Ausgangssituation
Vietnam hat in den letzten Jahren erhebliche Fortschritte in seiner wirtschaftlichen Entwicklung gemacht. Aber das Wirtschaftswachstum ist sehr ungleich verteilt. Die Gebiete der ethnischen Minderheiten in den Bergregionen in Zentral- und Nordvietnam bleiben weit hinter dem Landesdurchschnitt zurück. Im District Luc Yen leben 100.000 Menschen. Davon gehören 80% einer ethnischen Minderheit an. In den drei Projektgemeinden leben vor allem Tay, Nung und Dao. Während die durchschnittliche Armutsquote in Vietnam 4,8% beträgt, sind in den Projektdörfern zwischen 41% und 52% der Menschen von Armut betroffen. Forstwirtschaft, Ackerbau und Viehzucht sind die Haupterwerbsquellen in den ländlichen und teils sehr abgelegenen Dörfern.
Beschränkte Partizipation und Teilhabe
Die Dorfbewohner*innen fühlen sich oft nicht in der Lage, wichtige Entscheidungen für die Gemeinschaft selbst zu treffen und bleiben somit von den lokalen Behörden abhängig. Durch die traditionelle Rollenverteilung ist die politische und soziale Teilhabe für Frauen oft zusätzlich erschwert.
Rückständige dörfliche Infrastrukturen
Viele Bewässerungskanäle sind nur unzureichend befestigt, sodass diese immer wieder verschlammen und viel Wasser verlieren. Das führt zu Wassermangel auf den Feldern. Viele Dorfwege sind insbesondere in der Regenzeit kaum nutzbar, was die Landwirtschaft einschränkt. Darüber hinaus werden dadurch auch Kinder und Jugendliche auf ihrem Weg zur Schule behindert.
Gesundheits- und Umweltgefahren in der Landwirtschaft
Um gegen Schädlinge in der Landwirtschaft vorzugehen, verwenden die Familien Herbizide und chemische Pestizide, ohne sich der Gefahren für Gesundheit und Umwelt näher bewusst zu sein. Möglichkeiten zur Herstellung biologischer Düngemittel werden kaum genutzt. Teilweise werden Plastikplanen nach der Nutzung direkt neben den Feldern verbrannt.
Ökonomische Unsicherheit und Abhängigkeit
Fehlende Kooperation, das Festhalten an veralteten und umweltschädlichen Methoden und unzureichende Investitionen führen in den sechs Dörfern zu geringer Produktivität. Die Landwirt*innen können nur ein geringes Einkommen generieren. Sie bauen vor allem für den Bedarf der eigenen Familie an und verkaufen nur gelegentliche Überschüsse. Ihre schwache Position auf dem Markt und ihre Abhängigkeit von Zwischenhändler*innen führt dazu, dass sie ihre Waren nur zu niedrigen Preisen verkaufen können.
Maßnahmen
DWC und SODI wollen durch den Community-Management-Ansatz die Selbsthilfekapazitäten der Dorfbewohner*innen stärken und sie dabei unterstützen, ihre Lebenssituation zu verbessern.
Die Methode des Community-Managements
Es werden in Dorfversammlungen 60 so genannte Key Members (Schlüsselmitglieder) gewählt, die in der Planung und Umsetzung von Projekten ausgebildet werden. Der Frauenanteil liegt dabei bei 50%. Anschließend analysieren die Dorfbewohner*innen gemeinsam die Probleme und Bedarfe im Dorf. Zur Umsetzung der beschlossenen Lösungen werden gemeindebasierte Gruppen gebildet, die aus mindestens einem Schlüsselmitglied Key Member und ca. fünf weiteren Dorfbewohner*innen bestehen. Diese Gruppen setzen 32 selbstgewählte Kleinprojekte zur Verbesserung der dörflichen und landwirtschaftlichen Infrastruktur um, z.B. die Befestigung der Wasserkanäle und Dorfwege oder die Solarbeleuchtung wichtiger Wege. Die konkreten Aktionspläne werden mit aktiver Beteiligung der Dorfgemeinschaft ausgearbeitet. Gleichzeitig wird von den Gruppen die Instandhaltung in der Zukunft geplant und die weitere Finanzierung erarbeitet.
Gestärkte Teilhabe
Um das Bewusstsein der Dorfbewohner*innen und der Vertreter*innen lokaler Behörden für Gesetze und kommunale Regelungen zu schärfen, werden 24 gemeinsame thematische Treffen durchgeführt, die an die Bedürfnisse der Menschen vor Ort angepasst sind. Der konstruktive Austausch zwischen Regierungsvertreter*innen und der Dorfbevölkerung findet außerdem im Rahmen von Dialogveranstaltungen statt, bei denen über gemeinsame Problembewältigungsstrategien beraten wird.
Kooperativen von Kleinbäuer*innen für nachhaltige Landwirtschaft
Um die Landwirtschaft zu entwickeln, werden mehrere Kooperativen von Kleinbäuer*innen gegründet. Die Kleinbäuer*innen werden unter anderem in ökologischem, nachhaltigem und klimawandelangepasstem Anbau sowie in betriebswirtschaftlichen Grundlagen geschult. In einem nächsten Schritt werden sie in Subprojekten zu nachhaltiger Landwirtschaft und Produktivitätssteigerung weiter unterstützt, die die Landwirt*innen selbst planen.
Erfahrungen weitergeben
Damit noch andere Dörfer von dem Projekt profitieren können, werden 25 Personen zu Multiplikator*innen ausgebildet, die die Erfahrungen und Ergebnisse auf Distriktebene vorstellen. Die Vietnamesische Frauen Union des Distrikts Luc Yen wird in das Projekt direkt eingebunden, um die Situation von Frauen in besonderem Maße zu berücksichtigen. Ihre lokale Verankerung auch auf Dorf- und Gemeindeebene trägt dazu bei, dass angestoßene Veränderungen auch nach Ende der Projektlaufzeit fortgeführt werden.
Partnerorganisation
DWC (The Center for Promoting Development for Women and Children) verfügt über zwanzig Jahre Erfahrung im Engagement zur Verbesserung der Lebensqualität benachteiligter Menschen, insbesondere von Frauen und Kindern. Die Organisation setzt sich für partizipative Strukturen auf dörflicher und kommunaler Ebene sowie für die Stärkung der Rolle der Frau ein und kämpft gegen Diskriminierung und Armut.